Das Karussell

Ab und zu fahre ich gern Karussell. Ich setze mich auf eins der Pferde, wirbel herum und vergesse Raum und Zeit. Ich sehe zu, wie die Figuren erst noch ganz deutlich zusehen sind, um später dann vor meinen Augen zu verschwimmen. Bis ich nur noch bunte Schleier sehe.

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Mit einem Dach und seinem Schatten dreht
sich eine kleine Weile der Bestand
von bunten Pferden, alle aus dem Land,
das lange zögert, eh es untergeht.

Aber die kleine Isabel, blieb lieber vor dem Karussell stehen. Ich sah den lachenden Kindern zu, beobachtete ihre Gesichter, lauschte der Jahrmarktsmusik. Ich stand lieber abseits, aß meine Zuckerwatte. Und speicherte all die Eindrücke ab.

Später mochte ich den Rummel nicht so sehr. Es war mir zu viel los. Zu viel Trubel, zu viele Menschen, zu viele Geräusche, zu viel So-Tun-Als-Ob. Lieber blieb ich wieder still am Rand sitzen, mit meiner Zuckerwatte in der Hand.

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Gleichaltrige lachten nur gelangweilt über die bunten Pferde, die Löwen, und den Elefanten. Winkten abschätzig mit der Hand und gingen zu schnelleren, moderneren Fahrschulen. Doch dann und wann blieb ich sitzen. Vor dem Karussell. Und beobachtete. Dieses mal keine Zuckerwatte in der Hand.

Sogar ein Hirsch ist da, ganz wie im Wald,
nur dass er einen Sattel trägt und drüber
ein kleines blaues Mädchen aufgeschnallt.

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Obwohl ich lieber sitzen blieb und beobachtete, fühlte ich mich nie ausgeschlossen. Mir war nicht langweilig, ich vermisste nichts. Ich war inmitten von Menschen und doch allein. Irgendwie aber auch nicht. Denn dann und wann, kam ein kleiner Elefant an mir vorbei. Und oft hatte ich das Gefühl, dass ich dieser weiße Elefant war. Ein Exot? Anders als die Anderen. Die Anderen verschwammen, wie die Pferde und Löwen in der Masse. Ich konnte sie einzeln nicht mehr ausmachen. Sie existierten nur noch in der Gruppe. Hatten keine Identität.

Ich saß vielleicht am Rand, aber ab und zu mit einer Zuckerwatte in der Hand. Ich ließ meine Fantasie fließen, beobachtete Menschen, sammelte Geschichten in meinem Kopf. Und heute wurde aus diesen vermeintlichen Makel, meine vielleicht größte Stärke. Ich habe mich nie verbogen, ich blieb der weiße Elefant. Ein Exot. Aber kein Außenseiter mehr.

Sitzt ihr auch gern am Rande oder seid ihr lieber im Getümmel?

Seid ihr ein Löwe oder ein Elefant?

Oberteil – Bohoo

Hose – Fussl

Ring – via Wish

Kette – Tiffany and Co

Ohrringe – C&A

Ausschnitte aus „Das Karussell“ – Rainer Maria Rilke 

Veröffentlicht von The Italian Bazaar

Isabel Reisen-Mode-Kultur

2 Kommentare zu „Das Karussell

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